Stefan Halder und Manuel Weinmann gelingt der Spagat zwischen Weltbühne und Gastgeber.
Wenn man durch das Metalltor an der Cluser Straße in Trossingen geht, betritt man eine andere Welt, so scheint es. Man lässt den Trubel der Kleinstadt zur Feierabendzeit hinter sich und wird sofort umfangen von einer Stille, in der die Zeit keine Rolle zu spielen scheint. Im Garten trippeln weiße Seidenhühner in der Abendsonne umher, ein verschnörkelter Pavillon lädt zum Verweilen ein. Das kleine Paradies gehört, wie die Hohner-Villa und das Hotel Kunstwerk B, in Trossingen zu einem ganz besonderen Ensemble, das heute seine Gäste verzaubert. Dass es dazu kam, ist einer Verkettung glücklicher Zufälle zu verdanken.
Eine Idee aus der Not geboren
Denn eigentlich begann alles ganz anders: Stefan Halder, im Jahre 2004 Student im Abschlusssemester an der Staatlichen Hochschule für Musik, wusste um die Nöte der Studierenden in Sachen Wohnungssuche und ärgerte sich, die denkmalgeschützten Backsteingebäude der Firma Hohner, die untrennbar mit der Musikgeschichte der Stadt verbunden sind, langsam aber sicher verfallen. In einem Gespräch mit dem damaligen Bürgermeister „sagte er mir, machen Sie doch was aus der alten Fabrik“, erinnert er sich an das Gespräch und lacht.
Mit Tatendrang ging’s ans Werk
Halder, heute Professor für Blasorchesterleitung und Dirigent des Landespolizeiorchesters Baden-Württemberg, hat eine landesweit einmalige Stelle inne und ist in der Musikerszene durchaus eine Größe. In Sachen Altbausanierung und Gastgewerbe war er jedoch völlig unbefleckt. „Ich bin Künstler, ich hatte keine Ahnung vom Bau“, räumt er heute unumwunden ein. Er holte sich Rat bei seiner Familie. Seine Idee, aus der alten Produktionsstätte Unterkünfte für Künstler und Musikstudierende zu machen, überzeugte. Halder sagte also zu und kaufte den Bau B, das Mittelstück der Fabrik aus dem Jahre 1907. „Es hatte davor zehn Jahre lang leer gestanden und war in entsprechendem Zustand“, erinnert er sich. Der Großinvestor, auf den jahrelang gewartet wurde, war nie gekommen. „Ein Kulturbüro und ein paar Ein-Zimmer-Apartments, das war das Minimalziel“, erzählt er von den Anfängen.
Von den Bühnen dieser Welt nach Trossingen und immer wieder auch retour
Der Name Hohner war dem Dirigenten ohnehin vertraut, denn zu diesem Zeitpunkt hatte er in Trossingen das Hohner-Musical dirigiert. Und noch eine schicksalhafte Begegnung war mit dem Namen Hohner verknüpft: Bei den Proben für das Hohner-Musical lernte er Manuel Weinmann kennen, der die Rolle des Will Hohner spielte, kennen und lieben! Dass Manuel Weinmann, der in Rottweil geboren, auf der Alb aufgewachsen ist und schon immer „ein bunter Vogel war“, wie er selbst sagt, überhaupt auf einer Musicalbühne steht, war ebenfalls einer Herzensentscheidung zu verdanken. Denn Weinmann machte zunächst eine Ausbildung zum Mediendesigner, „aber die Bühne hat mich immer fasziniert“, erzählt er, wenngleich er das grafische Schaffen nie aufgegeben hat. Entgegen der Befürchtung, Musical könnte „brotlose Kunst“ sein, zog Manuel Weinmann sein Studium in Freiburg durch und stand letztlich in Trossingen auf der Bühne vor Stefan Halder, wo es funkte. Nach einiger Zeit konnte Halder seinen Partner schließlich von einem Umzug nach Trossingen überzeugen.
Alles begann mit kleinen Künstlerapartments
Die 2000 m2 des Gebäudes wurden kernsaniert. Im Untergeschoss schufen Halder und Weinmann heimelige Bleiben auf Zeit. Gemeinsam machten sich die beiden an die Arbeit, „wir haben renoviert, Stockbetten aufgestellt für Kammerorchester-Besetzungen oder andere kleine Ensembles, deren Teilnehmer eine befristete Unterkunft suchten“, schildert Halder. Doch bald bekam das Projekt eine Eigendynamik. „Plötzlich meldete gefühlt jeder zweite in der Hochschule Bedarf an“, erinnert sich Halder. Zimmer aus den oberen Stockwerken wurden erneut umgebaut, vergrößert und Bäder wurden neu eingebaut oder erneuert. Aus dem ehemaligen kleinen Hostel, das vielen Trossingern heute noch als eine Art Jugendherberge geläufig ist, wurde mittlerweile, erweitert um den Bau A, ein außergewöhnliches Hotel mit 50 Zimmern, 120 Betten und mehr als 20 Angestellten, das „KunstWerk B“. Die beiden Quereinsteiger bilden inzwischen aus und beschäftigen neben Mitarbeitenden aus Deutschland auch Kräfte aus Marokko, Italien, Rumänien und Serbien. Die drei Lockdowns während der Pandemie waren für die beiden wertvolle Zeit für Bauphasen. Das Team hat mit angepackt, niemand musste entlassen werden. „Wir haben Bäder herausgerissen und Wände gestrichen“, erzählt Manuel Weinmann. Auch der zauberhafte Garten, der zum Frühstücken, zum Absacker oder einfach so zum Verweilen einlädt, wurde mit liebevollem Blick fürs Detail gestaltet.
Ein besonderer Schöpfergeist geht voran
Und so haben Stefan Halder und Manuel Weinmann aus einem verstaubten Rohdiamanten ein Juwel geschaffen und sind längst noch nicht fertig. „Man ist nie fertig“, sagt Halder, dessen Leidenschaft und Schöpfergeist sich zu einem ganz besonderen Unternehmertum zusammenfügen.
Den Menschen eine gute Zeit bereiten
Gibt es eigentlich Parallelen zwischen dem Job auf der Bühne, den Aufgaben am Dirigentenpult und der Leitung eines Hotels? Beide nicken. „Man macht es fürs Publikum“, sagt Stefan Halder. „Man muss die gute Grundstimmung des Gastes, des Besuchers, aufgreifen und ihm eine gute Zeit bereiten“, da sind sich beide Künstler und Hoteliers einig. Und noch etwas verbindet Bühne und Hotel: „Man muss das Team spielen lassen, jeden auf dem Platz, auf dem er sein Bestes geben kann“, beschreibt Halder. Und so wissen auch beide, dass auf ihr Team Verlass ist, wenn die Bühnen dieser Welt die beiden Hotelchefs rufen.
Zuhause in der Dreiklang-Region
Was ist nun das Geheimnis dahinter, dass dem außergewöhnlichen Paar der Spagat zwischen zwei Welten scheinbar mühelos gelingt? „Wir tun, worauf wir Lust haben, denn nur dann kann es gut werden“, sagt Stefan Halder, der sich mit seinem Lebenspartner in der Dreiklang-Region Schwarzwald-Baar-Heuberg zu Hause fühlt. Und während jeder Applaus einmal abebbt und jede Partitur ihren Schlussakkord hat, so scheint der letzte Ton im KunstWerk B zum Glück noch lange nicht in Sicht.
„Wenn auch ihr das Herrengedeck genauso feiert wie eine wilde Drag Night, und „schaffe, schaffe Häusle baue“ euch ebenso zusagt wie das offene Mindset, das wir hier im KunstWerkB in Trossingen pflegen, dann werdet doch auch Spießer in SBH! “
- #SPIEßERSTAMMTISCH
- #KEINBLATTVORDEMMUND
- #WOPAROLENPAROLIGEBOTENWIRD

Autorin
Henriette Stanley
Henriette Stanley ist Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderungsgesellschaft
Schwarzwald-Baar-Heuberg mbH
Datum