Carina und Rainer Betschner erfüllen sich im Schwarzwald ihren Traum
Hätte man in der Lebensgeschichte von Carina Betschner Zeichen erkennen wollen, so hätte man sie reichlich gefunden: Da ist zum einen der Filzhut des Großvaters, den sie als Andenken nach dessen Tod an sich genommen und behalten hat. „Mit einem Gamsbart dran, ein richtiger Jägerhut“, sagt sie heute. Auch, dass zwischen ihren Schulterblättern ein Eichhörnchen hervorlugt, ein Bote des Waldes quasi, hätte man als Vorsehung bezeichnen können. Allerdings: Weder war der Großvater begeisterter Waidmann, der seiner Enkelin das Hobby vererbt haben konnte, noch wusste Bruno das Eichhörnchen zum Zeitpunkt seiner Entstehung auf Carina Betschners Rücken, dass er sie tatsächlich später einmal sehr oft in den Wald begleiten würde: Denn die junge Frau ist begeisterte Jägerin.
Carina Betschner fand Gefallen an der Jagd
„Eigentlich hatte ich bis vor Corona null Bezug zur Jägerei“, erzählt sie heute. Doch während der Pandemie, als das gesellschaftliche Leben zum Stillstand gekommen war, begleitete sie einen Kollegen auf den Ansitz. Und fing Feuer. Doch die Idee, selbst den Jagdschein zu machen, verwarf sie anfangs schnell wieder. „Ich habe es mir körperlich nicht zugetraut und dachte auch, die Prüfung sei schwer“, erinnert sie sich. Aber die Begeisterung für das Hobby war letztlich größer. „Mir war klar, wenn ich nicht mehr mit in den Wald könnte, würde mir etwas fehlen“, beschreibt sie. Also meldete sie sich doch für den Jagdschein an, büffelte Theorie, vertiefte ihr Wissen und lernte Fachausdrücke. Familie und Freunde nahmen die Kunde der neuen und recht arbeitsintensiven Freizeitbeschäftigung der gebürtigen Schrambergerin gut auf, wenngleich ein wenig überrascht.
„Tierwohl hat immer oberste Priorität“
Doch wenn Carina Betschner von dem erzählt, was sie im Wald erlebt, wird jedem klar, wie groß und aufrichtig ihre Begeisterung für Hege und Jagd ist. Und auch, dass Jagd weit mehr ist, als ein etwas angestaubtes Hobby. Als Zuhörer hält man förmlich die Luft an, wenn sie schildert, wie mucksmäuschenstill es auf dem Ansitz ist, wie viele Gedanken sie sich macht, bevor der Finger schließlich zum Abzug geht. Wie unvergesslich und besonders das Gefühl beim ersten erlegten Reh war. Nie erweckt sie den Eindruck, dass Jagd für sie eine Art Trophäensammeln ist, immer schwingt eine große Dankbarkeit mit. „Das Tierwohl hat immer oberste Priorität“, sagt sie.
Und damit das gewährleistet ist, hat sich Carina Betschner fundiertes Wissen und waidmännische Kenntnisse angeeignet. Vom richtig gesetzten Schuss über den Aufbruch des Wildes vor Ort im Wald bis hin zur fachgerechten Lagerung, dem Zerwirken und der Weiterverarbeitung zu einem Lebensmittel – wenn die Schrambergerin aus ihrem jagdlichen Erfahrungsschatz erzählt, wird klar, wie zeitintensiv ihr Hobby ist. „Es ist ein ständiges Lernen“, sagt sie. Und die Jagd an sich auch nur ein kleiner Teil: „Der Großteil der Zeit geht für Revierarbeiten, für den Hochsitzbau und solche Dinge drauf.“
Ein junger Bürgermeister voller Ideen
Stichwort Bau – wenn Carina Betschner nicht im Wald anzutreffen ist, findet man sie am Schreibtisch: Sie ist Abteilungsleiterin im Baurechtsamt der Stadt Villingen-Schwenningen. Und ihr Beruf verbindet sie wiederum mit ihrem Ehemann, denn auch Rainer Betschner arbeitet in der Verwaltung. Und zwar in einem besonderen Amt: Betschner ist frischgebackener Bürgermeister des Schwarzwald-Doppelstädtchens Fluorn-Winzeln. Nach einer Ausbildung beim Finanzamt ging er zum Militär, war im Fachdienst für Finanzen angesiedelt. Er studierte Verwaltungswissenschaften und im Abendstudium Betriebswirtschaft. Nach der Bundeswehr war Betschner Kämmerer in Lauterbach, danach in Geisingen. Er habe sich dort sehr wohl gefühlt, aber als der Bürgermeisterposten in Fluorn-Winzeln vakant wurde, beschloss er, seinen Hut in den Ring zu werfen – mit Erfolg.
Dass seine Frau die Auszeit in der Stille des Waldes genießt, dafür hat der 39-Jährige großes Verständnis. Wenngleich sein Hobby, das er im Übrigen mit seiner Frau teilt, so gar nichts mit Stille oder Stillhalten zu tun hat: Rainer Betschner ist ein leidenschaftlicher Tänzer, „mit Begeisterung für Boogie und Hebefiguren“, wie er lachend erzählt. Beim Tanzen hat er seine Carina kennen gelernt, für beide ist es der „Ausgleich zum Sitzen im Büro“, wie sie es beschreiben. Rainer Betschner, der als Kind aus Rumänien nach Deutschland und so auch in den Schwarzwald kam, entdeckte das Hobby früh für sich. Mit 16 Jahren hat er angefangen zu tanzen, trainierte später fünfmal die Woche, „20 bis 30 Stunden“, sagt er. Auch während seiner Zeit als Zeitsoldat hat er die Tanzschuhe nie an den Nagel gehängt, ist oft hunderte Kilometer weit gefahren, um bei Meisterschaften oder Trainings dabei zu sein.
„Fluorn-Winzeln ist ein Ort mit viel Potenzial“
Heute legt Betschner Wert darauf, für seine Gemeinde und auch für die Unternehmen da zu sein. Vor wenigen Tagen hatte er zum Seniorenausflug eingeladen, die große Resonanz freut und bestätigt ihn. Auch das neu eingeführte Unternehmerfrühstück geht auf Betschners Kappe, „wir sind ein aufstrebender Ort, der viel Potenzial hat“, sagt er. Ein nagelneues Gemeinde-Logo soll bildlicher Ausdruck dafür sein.
Ein Jagdhund fehlt noch zum Glück
Viel Zeit bleibt beiden nicht, sich neben dem Job der Liebe zum Tanzen zu widmen, zumal auch Carina Betschners Jagdleidenschaft viel Zeit in Anspruch nimmt. „Aber die Menschen hier wissen, dass meine Frau nicht nur ‚Frau Bürgermeister‘ ist“, sagt Rainer Betschner und schmunzelt. Und wenn dann doch gemeinsame Zeit abseits von Parkett oder Waldboden bleibt, dann teilt das Ehepaar noch eine Gemeinsamkeit: „Wir essen beide gerne gut“, sagen sie und strahlen sich an. Das einzige, was den beiden nun noch zum Glück fehlt, ist womöglich ein eigener Jagdhund. Eichhörnchen Bruno zumindest hätte sicher nichts dagegen.
„Wenn auch Ihr Euch in Wanderstiefeln und Filzhut auf dem Ansitz genauso wohl fühlt wie in Ballrobe und eine Karriere Euch mehr bedeutet als der Titel als „trophy wife“, dann werdet doch auch Spießer in SBH! “
- #WODERHIRSCHSTEPPT
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Autorin
Henriette Stanley
Henriette Stanley ist Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderungsgesellschaft
Schwarzwald-Baar-Heuberg mbH
Datum